Michael F. Jischa, geb. 1937 in Hamburg, lernte, forschte und lehrte an den Universitäten Karlsruhe (1965 Dipl.-Ing. Maschinenbau), Berlin (TU, 1968 Promotion, 1971 Habilitation), Bochum (1971 Umhabilitation, 1973 apl. Prof. Insitut für Thermo- und Fluiddynamik), Essen (1974 o. Prof. Strömungslehre) und Clausthal (1981 C4-Prof. Mechanik). Im Nebenamt von 1989-1993 Geschäftsführer der Deutschen Technischen Akademie Helmstedt. Gastprofessuren in Haifa (Technicon), Marseille, Shanghai und Danzig. Emeritierung 2002. Ehrenpräsident der Deutschen Gesellschaft Club of Rome.
Keynote

Zivilisationsdynamik, Denkfallen und ein wenig Mathematik
Die Welt, in der wir leben, ist untrennbar mit Wachsen und Schrumpfen, Geburt und Tod, Entstehen und Vergehen verbunden. Das gilt nicht nur für natürliche Systeme, sondern gleichermaßen für von Menschen gemachte technische, politische und wirtschaftliche Systeme. Stets war die Welt im Wandel. Erst der Mensch ist in der Lage gewesen, durch technische Innovationen Eingriffe in die Umwelt vorzunehmen, als Folge der Industriellen Revolution mit einer ständig gewachsenen Wirkmächtigkeit und Eindringtiefe. Nie zuvor ist die unbekannte Zukunft so nahe an die Gegenwart herangerückt. Hier ist seit wenigen Jahrzehnten die Digitalisierung der Informationstechnologien der entscheidende Treiber. Die Digitale Revolution hat dazu geführt, dass wir im Zeitalter der „Gegenwartsschrumpfung“ (Lübbe) leben. Angesichts der „Herausforderung Zukunft“ (Jischa) ist der Entscheidungsdruck in Wirtschaft und Politik hoch. Gleichzeitig ist die Sachlage ungewiss und die Fakten sind unsicher.
Umso wichtiger ist es, dass die Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft grundlegende Kenntnisse von typischen Wachstumsgesetzen besitzen. Alle realen Systeme, in die wir durch unser Handeln eingreifen, sind dynamisch. Schwingungen sind daher ein systemimmanenter Bestandteil aller Systeme. Problematisch sind exzessive Ausschläge, wie in der jüngsten Finanzkrise zu beobachten war. Reale Systeme lassen sich durch (mathematische) Phänomene wie Nichtlinearität und Rückkopplungsmechanismen charakterisieren, und sie können chaotisch reagieren. Entscheidungsträger müssen vermeiden, der „Logik des Misslingens“ (Dörner) zu erliegen und sie sollten sich der „Kunst vernetzt zu denken“ (Vester) anzunähern. Das wird anhand von ausgewählten Beispielen dynamischer Systeme erläutert.
Anmerkung: Der Vortrag nimmt Bezug auf die Bücher
Jischa (2004) Ingenieurwissenschaften, Reihe Studium der Umweltwissenschaften; Springer, Buch zum Jahr der Technik 2004
Jischa (2005) Herausforderung Zukunft; 2. Aufl. Spektrum Akademischer Verlag